Aktuelle Kolumne

 
1. März 2020

Lauter «Güggel»

Ein Ehepaar wohnt in einem ruhigen Einfamilienhaus-Quartier in ländlicher Umgebung. Das Grundstück grenzt an die Landwirtschaftszone und befindet sich in der Nähe eines Waldes. Als dem Ehepaar nachträglich die Bewilligung für ein Hühnerhaus und die damit verbundene Hühnerhaltung erteilt wird, wehren sich die Nachbarn. Sie stören sich am Lärm, der insbesondere durch den Hahn verursacht wird. Der Hahn krähe im Durchschnitt zehnmal pro Stunde, in manchen Stunden bis zu 44-mal. Lärmmessungen mit dem Mobiltelefon am Küchenfenster eines Nachbarn hätten bis zu 84 Dezibel ergeben.

Das Baurekursgericht weist den Rekurs der Nachbarn ab. Es hält fest, dass es Bewohnern erlaubt ist, in ihren Gärten verschiedenen Freizeitbeschäftigungen nachzugehen. Dazu gehöre auch die hobbymässige Hühnerhaltung. Das Gericht räumt ein, dass das Krähen eines Hahns vom menschlichen Ohr als intensiv empfunden wird und die frühmorgendlichen Rufe die Nachbarn zu unerwünschter Stunde wecken. Das Gericht verlangt deshalb, dass das Hühnerhaus genügend schallisoliert wird. Ausserdem ordnet es an, dass der Hahn an Werktagen erst ab 8 Uhr und am Sonntag erst ab 9 Uhr ins Freie gelassen werden darf. Das Wohl der Tiere sei zwar zu beachten. Das Tierschutzgesetz biete jedoch keine Grundlage, Nachbarn zum Zwecke einer artgerechten Tierhaltung belästigen zu dürfen.

Um besser vor den Immissionen des Hahns geschützt zu sein, verlangen die Nachbarn die Verlegung des Hühnerhauses. Auch mit diesem Begehren dringen sie nicht durch. Das Baurekursgericht geht davon aus, dass eine Verschiebung des Aufenthaltsorts des krähenden Hahns um ein paar wenige Meter den Schall nicht wesentlich abschwächen würde und damit unverhältnismässig wäre. Der verlorene Kampf gegen den «Güggel» kommt die Nachbarn teuer zu stehen. Allein die Gerichtsgebühr beträgt 5200 Franken.  

Autorin: Andrea Gisler
erschienen im «Gossauer Info»



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