Neue Kolumne

 
1. Dezember 2020

Risiken des Fussballspiels

Bei einem 4. Liga-Fussballspiel trifft ein Torwart bei einer Abwehraktion mit gestrecktem Bein einen Stürmer der Gegenmannschaft am Knie. Der Stürmer erleidet einen Schienbeinbruch. Der Torwart wird vom Schiedsrichter mit einer gelben Karte bestraft. Im Matchbericht wird der Vorfall als unglücklicher Zusammenstoss gewertet. In der Folge wird der Torwart wegen fahrlässiger Körperverletzung erstinstanzlich verurteilt. Das Kantonsgericht spricht ihn frei, worauf der Stürmer den Fall an das Bundesgericht weiterzieht.

Das Bundesgericht hält fest, dass mit körperbetonten Mannschaftssportwettkämpfen zwangsläufig «normale» Fouls einhergehen. Das gehöre zum Grundrisiko des Fussballspiels. Nur ein grobes Fehlverhalten rechtfertige eine strafrechtliche Verurteilung. Gemäss Bundesgericht gilt es zu beachten, dass es nur auf die Schwere des Fouls und nicht auf die Verletzungsfolgen ankommt. Je krasser Regeln verletzt werden, desto eher muss ein Spieler damit rechnen, dass er strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird.

Aus Sicht des Bundesgerichts ist der Vorfall noch zum sportartspezifischen Risiko zu zählen. Die beiden Spieler hätten sich im Kampf um den Ball befunden und hätten innert kürzester Zeit in einer dynamischen Situation entscheiden müssen, wie sie eingreifen. Die Aktion des Torwarts habe einzig dem Ball gegolten. Er habe den Ball spielen wollen und weder absichtlich noch aggressiv gehandelt. Ein gegen den Stürmer gerichtetes, gewolltes, unfaires oder gefährliches Fehlverhalten des Torwarts sei nicht erstellt. Es bleibt somit beim Freispruch des Torwarts.

Autorin: Andrea Gisler
erschienen im «Gossauer Info»

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