Neue Kolumne

 
1. Mai 2011

Streit um das Sorgerecht

In den Medien ist zurzeit viel über das gemeinsame Sorgerecht zu lesen. Geschiedene Väter schildern ihre persönlichen Erfahrungen und beklagen sich über Diskriminierungen. Es liegt auf der Hand, dass die Mütter denselben Konflikt ganz anders sehen. Bei manchen Leuten ist der Eindruck entstanden, Mütter seien bei der Scheidung immer die Gewinnerinnen und Väter die Verlierer. Dieses Schwarz-Weiss-Denken wird der Realität nicht gerecht.

Die gemeinsame elterliche Sorge ist wünschenswert. Sie entspricht einem partnerschaftlichen Familienmodell. Im Jahr 2009 wurden in 40 Prozent aller Scheidungen die Kinder unter der elterlichen Sorge von Vater und Mutter belassen. Können Eltern ihre Beziehungsschwierigkeiten von ihrer Rolle als Eltern trennen, ist die gemeinsame elterliche Sorge richtig. Anders sieht es aus, wenn Eltern nicht in der Lage sind, in Kinderbelangen zu kooperieren. Gemeinsame elterliche Verantwortung und Harmonie lassen sich nicht per Gesetz durchsetzen. Es ist eine Illusion zu glauben, mit der gemeinsamen elterlichen Sorge als Regelfall wende sich alles zum Besseren.

Oft wird vergessen, dass es bei der elterlichen Sorge nicht um einen gerechten Interessenausgleich zwischen den Eltern geht. Die Interessen des Kindes müssen im Zentrum stehen. Für das Kind ist es wichtig, dass es zu Vater und Mutter eine Beziehung pflegen kann, dass die Eltern auf seine Bedürfnisse eingehen und für seine materielle Existenz sorgen. Es ist daher zu begrüssen, wenn Frau Bundesrätin Sommaruga die Vorlage über die elterliche Sorge erweitern und auch die Unterhaltsfrage einbeziehen will. Auf das Ergebnis darf man gespannt sein.

Autorin: Andrea Gisler
erschienen im «Gossauer Info»



Zurück zur Medien-Übersicht