Neue Kolumne

 
1. Dezember 2017

Unfall auf dem Schulweg

Ein fünfjähriger Bub ist mit seiner neun Jahre alten Schwester auf dem Weg zur Schule. Als ein Roller mit der Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h vorbeifährt, tritt der Bub unvermittelt vom Trottoir auf die Strasse. Er wird vom Roller erfasst und erleidet schwere Verletzungen. Der Rollerfahrer macht geltend, er sei nicht allein für den Unfall verantwortlich, auch die Mutter der Kinder treffe ein Verschulden.

Das Bundesgericht erinnert daran, dass Eltern verpflichtet sind, die Sicherheit der Kinder im Strassenverkehr zu gewährleisten. Es lastet der Mutter an, dass sie den Buben an jenem Tag nicht – wie sonst üblich – begleitet hat. Bedeutsam ist für das Bundesgericht, dass der Bub erst vor kurzem mit der Familie in die Schweiz eingewandert ist, unter Hyperaktivität leidet und noch keine schulische Verkehrserziehung erhalten hat. Der Bub hätte deshalb aus Sicht des Bundesgerichts von einer Person begleitet werden müssen, die in der Lage ist, für die Sicherheit des Kindes zu sorgen und ein der Situation angemessenes Verhalten durchzusetzen. Die neunjährige Schwester erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Sie ist zwar imstande, ihren Schulweg allein zu bewältigen. Es fehlen ihr aber die intellektuellen und physischen Fähigkeiten, ihren jüngeren, hyperaktiven Bruder auf dem Schulweg zu überwachen.

Das Bundesgericht legt deshalb die Haftungsquote des Rollerfahrers auf 70 Prozent fest, die Mutter haftet wegen Mitverschuldens am Verkehrsunfall mit 30 Prozent.

Autorin: Andrea Gisler
erschienen im «Gossauer Info»



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