Neue Kolumne

 
1. März 2023

Unpfändbares Auto

Ein Gläubiger setzt eine Forderung gegen einen Schuldner in Betreibung. Er erhält einen Verlustschein. Dem Verlustschein ist zu entnehmen, dass das Betreibungsamt auf eine Pfändung des Personenwagens VW Polo (Jahrgang 2002, 208 000 km) verzichtet hat, da das Fahrzeug wertlos sei. Mit dieser Einschätzung ist der Gläubiger nicht einverstanden. Er besteht darauf, dass der VW Polo gepfändet und verwertet wird, allerdings ohne Erfolg.

Gemäss Bundesgericht ist es nicht zu beanstanden, dass sich das Betreibungsamt bei der Schätzung des Werts des Fahrzeugs auf eine Recherche im Internet beschränkt hat. Bei anderen Massnahmen zur Schätzung des Fahrzeugs wären Kosten entstanden, die in keinem Verhältnis zum Nutzen gestanden wären.

Die Nachforschungen des Betreibungsamts auf www.autoscout24.ch hatten ergeben, dass 20-jährige Fahrzeuge dieses Typs in Inseraten für Fr. 1250.– bis Fr. 1900.– angeboten werden. Wie die Erfahrung zeigt, liegen die Zuschlagspreise bei einer betreibungsrechtlichen Zwangsverwertung jedoch meist erheblich unter dem tatsächlichen Verkehrswert. Von einem allfälligen Steigerungserlös müssen zudem auch noch die Kosten für die Aufbewahrung des Fahrzeugs, für die Verwertung durch das Betreibungsamt und den Transport abgezogen werden.

Aus Sicht des Bundesgerichts ist das Betreibungsamt deshalb zu Recht zum Schluss gelangt, dass sich bei einer Pfändung des VW Polo kein genügender Verwertungsüberschuss erzielen liesse. Deshalb ist es gemäss Bundesgericht nicht zu beanstanden, dass das Betreibungsamt das Fahrzeug dem Schuldner nicht weggenommen hat.

Autorin: Andrea Gisler
erschienen im «Gossauer Info»

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