Aktuelle Kolumne

 
1. September 2021

Wohnsitz eines Frühpensionärs

Ein Mann meldet sich nach seiner Frühpensionierung in seiner Zürcher Wohngemeinde ab. Die langjährige Konkubinatspartnerin bleibt in der gemeinsamen Eigentumswohnung im Kanton Zürich und geht weiterhin einer Erwerbstätigkeit nach. Der Mann meldet sich in einer Bündner Gemeinde an, wo das Paar seit mehreren Jahren eine Wohnung besitzt. Im gleichen Haus mietet der Mann eine 1-Zimmer-Wohnung, die ihm hauptsächlich als Büro dient. In der Folge entsteht ein Streit mit den Zürcher Steuerbehörden über die Frage des Steuerdomizils.

Das Bundesgericht entscheidet zugunsten des Frühpensionärs. Es hält fest, dass sich der steuerrechtliche Wohnsitz dort befindet, wo sich eine steuerpflichtige Person in der Absicht dauernden Verbleibens aufhält und ihren Lebensmittelpunkt hat. Das Bundesgericht berücksichtigt, dass der Mann nach der Frühpensionierung seine Präsenz in der Bündner Gemeinde verstärkt hat, einem Ort, wo seine Lebenspartnerin aufgewachsen ist und wo deren Familie immer noch wohnt. Der Mann pflegt verschiedene soziale Kontakte in dieser Gemeinde. So frönt er mit Kollegen zunehmend dem Jassen, spielt im örtlichen Club Golf und nimmt mit einer gewissen Regelmässigkeit am gesellschaftlichen Leben teil. All diese Umstände sprechen aus Sicht des Bundesgerichts dafür, dass der Mann sein Leben zunehmend in die Bündner Gemeinde verlagert hat und dass gegenüber früheren Steuerperioden veränderte Verhältnisse eingetreten sind.

Der Entscheid des Bundesgerichts verhilft dem Frühpensionär zu erheblichen Steuerersparnissen. Der Mann hat nämlich eine Kapitalleistung von ca. Fr. 1,9 Mio. empfangen. Dies führt im Kanton Graubünden, verglichen mit dem Kanton Zürich, zu einer Steuerersparnis von rund Fr. 150 000.–. Dies wird sich ändern. Die hohe Besteuerung von grossen Beträgen aus der Pensionskasse wird im Kanton Zürich ab Anfang 2022 spürbar gesenkt.

Autorin: Andrea Gisler
erschienen im «Gossauer Info»


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