Neue Kolumne

 
1. September 2022

Fataler Kopfsprung im Strandbad

Ein junger Mann hält sich mit Freunden in einem öffentlichen Strandbad auf, das von der Gemeinde betrieben wird. Es ist in diesem Strandbad üblich, dass Badegäste vom Badesteg aus auf verschiedene Arten in den See springen, ohne dass der Bademeister interveniert. Der junge Mann springt kopfvoran in das rund einen Meter tiefe Wasser, stösst mit dem Kopf am Seeboden an und ist seither querschnittgelähmt. Er verlangt von der Gemeinde Schadenersatz.

Die Gemeinde macht geltend, der Badesteg sei nicht für Sprünge ins Wasser bestimmt, sondern diene bloss als Durchgang zur Metallleiter, die ins Wasser führe. Das Bundesgericht hält der Gemeinde jedoch entgegen, sie hätte Massnahmen treffen müssen, um Badegäste daran zu hindern, mit Kopfsprüngen ins Wasser einzutauchen. Die Gefahr bei solchen Sprüngen mit schwerwiegenden Folgen sei offensichtlich. Es sei unverständlich, weshalb der Badesteg nur auf einer Seite über ein Geländer verfüge und auf der anderen Seite weder Verbotsschilder noch eine rote Linie oder sonstige Bodenmarkierungen vorhanden seien, die (Kopf-)Sprünge vom Steg in den See verbieten. Das Bundesgericht geht deshalb von einem Werkmangel aus.

Das Bundesgericht lastet dem jungen Mann jedoch ein schweres Selbstverschulden an. Es hält fest, dass er mit den örtlichen Gegebenheiten gut vertraut war und es für ihn ein Leichtes gewesen wäre, den Wasserstand an der fraglichen Stelle zu prüfen. Das Selbstverschulden wiegt für das Bundesgericht aber nicht so schwer, dass eine Haftung der Gemeinde gänzlich entfällt. Der junge Mann erhält einen um 40 % reduzierten Schadenersatz.  

Autorin: Andrea Gisler
erschienen im «Gossauer Info»


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