Neue Kolumne

 
1. Dezember 2019

Unerlaubter Mailzugriff

Ein Ehemann zieht aus der ehelichen Wohnung aus. Er lässt versehentlich ein Karteikärtchen zurück, auf welchem er das Passwort und die Zugangsdaten zu seinem E-Mail-Account notiert hat. Die Ehefrau findet das Passwort und verschafft sich insgesamt 15 Mal Zugang zum Mail-Konto ihres Ehemannes. Sie wird deswegen wegen mehrfachen unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem bestraft, was sie anficht.

Vor Bundesgericht verlangt die Ehefrau einen Freispruch. Sie bringt vor, das Passwort und die Zugangsdaten hätten sich frei zugänglich in einer Schublade des Büroschreibtisches befunden. Sie sei – im Gegensatz zum Hacking oder bei sog. Phishing-Mails – ohne irgendwelche kriminellen Machenschaften in den Besitz der Daten gekommen. Es liege ein bloss ungehöriges Eindringen in die Rechtssphäre ihres Ehemannes vor, was nicht strafbar sei.

Mit ihren Argumenten dringt die Ehefrau nicht durch. Das Bundesgericht stellt klar, dass sich das Zurücklassen des Passwortes nicht so verstehen lasse, dass der Ehemann mit dem Zugriff der Ehefrau auf seinen Mail-Account einverstanden gewesen sei. Er habe die Karteikärtchen schlichtweg vergessen. Die Ehefrau sei unbefugt in ein fremdes E-Mailkonto, das ihr Ehemann mit einem Passwort gesichert habe, eingedrungen. Dass die Ehefrau bloss zufällig auf das Passwort gestossen sei, ändere daran nichts. Das Bundesgericht glaubt der Ehefrau nicht, dass sie davon ausgegangen war, nichts Unrechtes zu tun. Die Auswertung ihres Computers in der Strafuntersuchung ergab, dass sie zur Frage der Rechtmässigkeit ihres Tuns im Internet recherchiert hatte.

Autorin: Andrea Gisler
erschienen im «Gossauer Info»



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