Neue Kolumne

 
31. Dezember 2021

Grobes Verschulden einer Fussgängerin

Eine Fussgängerin überquert am frühen Abend in der Dunkelheit eine nasse Strasse, rund 50 Meter vom Zebrastreifen entfernt. Sie wird von einem Auto, das mit einer Geschwindigkeit zwischen 10 und 20 km/h aus einem Kreisel eingebogen ist, erfasst und schwer verletzt. Die Fussgängerin klagt gegen die Haftpflichtversicherung des Autofahrers und verlangt Schadenersatz und Genugtuung im Gesamtbetrag von Fr. 659 333.–.

Das Bundesgericht weist die Klage – wie schon die beiden kantonalen Gerichte – ab. Es hält fest, der Autofahrer habe sich korrekt verhalten, hingegen treffe die Fussgängerin ein schweres Verschulden. Es habe keine Anhaltspunkte gegeben, dass der Autofahrer die Fussgängerin gesehen habe und anhalten würde, um sie passieren zu lassen. Die Fussgängerin habe die Fahrbahn neben dem Zebrastreifen betreten, ohne ein Vortrittsrecht zu haben und ohne dem Verkehr genügend Aufmerksamkeit zu schenken. Dies sei ein gefährliches Verhalten und das Gegenteil dessen, was man von einer vernünftigen Person erwarten würde, die um ihre eigene Sicherheit besorgt sei.

Gemäss Bundesgericht stellt das Verhalten der Fussgängerin ein schweres Fehlverhalten nach Strassenverkehrsgesetz dar, was dazu führt, dass der Autofahrer bzw. seine Versicherung vollständig von der Haftpflicht befreit sind. Die Fussgängerin muss den gesamten Schaden, der durch den Unfall entstanden ist, selber tragen.

Autorin: Andrea Gisler
erschienen im «Gossauer Info»




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