Neue Kolumne

 
1. Juni 2018

Vermögensverzicht bei Ergänzungsleistungen

Ein Ehepaar im Rentenalter lässt sich im Sommer 2016 scheiden. In der vom Gericht genehmigten Scheidungsvereinbarung verpflichtet sich der Mann, der Frau eine güterrechtliche Ausgleichszahlung in der Höhe von Fr. 380 000.– zu leisten. Da der Mann Liquiditätsprobleme hat, vereinbart das Ehepaar Zahlungsfristen: Fr. 5000.– bis zum 31. Dezember 2016, Fr. 20 000.– bis zum 30. Juni 2017, Fr. 50 000.– bis zum 31. Dezember 2017 und Fr. 305 000.– bis zum 31. Dezember 2018.

Kurz nach der Scheidung meldet sich die Frau zum Bezug von Ergänzungsleistungen an. Das Amt verneint einen Anspruch, indem es ihr ein Guthaben aus Scheidung in der Höhe von Fr. 380 000.– anrechnet. Die Frau zieht den Entscheid bis an das Bundesgericht weiter. Sie beanstandet, dass Vermögen berücksichtigt wird, das auf ihrer Seite gar noch nicht vorhanden ist.

Das Bundesgericht räumt ein, dass bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen nur tatsächlich vereinnahmte Einkünfte und vorhandene Vermögenswerte berücksichtigt werden dürfen. Es geht jedoch davon aus, dass die Frau bei der Scheidung freiwillig auf die sofortige Auszahlung ihrer güterrechtlichen Forderung verzichtet hat. Sie habe - zumindest vorübergehend - auf Vermögenswerte verzichtet, die sie für ihren Lebensunterhalt hätte verwenden können. Die finanziellen Schwierigkeiten des geschiedenen Mannes vermögen gemäss Bundesgericht nichts am Verzichtstatbestand zu ändern. Die Frau erhält somit keine Ergänzungsleistungen.

Autorin: Andrea Gisler
erschienen im «Gossauer Info»



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