Neue Kolumne

 
1. September 2014

Wer wagt, gewinnt nicht immer

Ein junger Mann sass an einem Sommerabend auf einem Baumast in rund vier Metern Höhe. Kopfüber liess er sich in den Rhein fallen, der an dieser Stelle 80 cm tief war. Dabei schlug er mit dem Kopf auf dem Grund des Flusses auf und erlitt eine Halswirbelfraktur mit anschliessender Tetraplegie.

Der Unfallversicherer kürzte die Geldleistungen um 50 Prozent, da der Unfall auf ein Wagnis zurückgehe. Der junge Mann hingegen bestand auf den vollen gesetzlichen Leistungen der Unfallversicherung. Er machte geltend, er habe nicht gewusst, dass das Wasser an dieser Stelle nur knietief gewesen sei. Der Ort sei bei der Dorfjugend eine beliebte Badestelle. Er sei sich der Gefahr gar nicht bewusst gewesen.

Das Bundesgericht wertete das Verhalten des jungen Mannes als riskant. Wer aus vier Metern Höhe kopfüber in den Rhein springe, müsse die Flusstiefe kennen oder vorher abklären. Es sei allgemein bekannt, dass der Wasserstand eines Flusses je nach Jahreszeit, Wetterlage in den Vortagen, Beschaffenheit des Grundes etc. stark variieren könne. Ebenso sei allgemein bekannt, dass ein Kopfsprung in trübes oder unbekanntes Wasser grosse Gefahren mit sich bringe. Das Bundesgericht erinnerte an die Baderegel Nr. 4 der Schweizerischen Lebensrettungsgesellschaft SLRG: «Nicht in trübe oder unbekannte Gewässer springen! – Unbekanntes kann Gefahren bergen.»

Weil sich der junge Mann keinerlei Gedanken zur Gefahrensituation gemacht hatte und ein Wagnis eingegangen war, gab das Bundesgericht dem Unfallversicherer Recht. Der unbedachte Sprung ins Wasser hat für den jungen Mann somit nicht nur gravierende gesundheitliche Folgen, sondern auch erhebliche finanzielle Konsequenzen.

Autorin: Andrea Gisler
erschienen im «Gossauer Info»



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